Polen und Deutschland im modernen Europa
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Vorstellungswelten und politisches Engagement vertriebener Frauen in den Anfangsjahren der Bundesrepublik Deutschland.

Betreuung: Prof. Dr. Martin Schulze Wessel


Förderung: Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Förderprogramm "Erinnerung und Identität. Die Deutschen und ihre Nachbarn in Mittel- und Osteuropa".

Das Forschungsvorhaben, das frauen- und kulturgeschichtliche Fragestellungen miteinander verbindet, widmet sich den Lebenswelten und politischen Handlungsmöglichkeiten vertriebener Frauen nach ihrer Ankunft in den Westzonen bzw. der Bundesrepublik Deutschland bis Ende der sechziger Jahre. Ausgangspunkt des Projektes ist der Umstand, dass die Vertreibung weitgehend eine spezifisch weibliche Erfahrung war. Während viele Männer noch in Kriegshandlungen verwickelt waren oder sich bereits in Kriegsgefangenschaft befanden, waren Frauen unmittelbar von Flucht und Vertreibung betroffen und gelangten zusammen mit ihren Kindern und älteren Verwandten in die spätere Bundesrepublik. Von der Forschung wurden die Heimatvertriebenen bislang nur unter regionalen Gesichtspunkten untersucht, entweder gegliedert nach ihren Herkunfts- oder nach ihren Ansiedlungsgebieten in der Bundesrepublik. Hier setzt das Dissertationsprojekt an, indem es in Abkehr von geographischen Gesichtspunkten gezielt die Wahrnehmungen und das Wirken vertriebener Frauen untersucht.

Die (Gewalt-) Erfahrungen von Flucht und Vertreibung waren für die Frauen prägend und wurden zu einem alles auf sich beziehenden und beeinflussenden Schlüsselerlebnis ihrer Biographien. Sie ermöglichten ihnen jedoch auch eine verstärkte Identifizierung sowie ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl, grenzten sie aber gleichzeitig zu den Frauen der Aufnahmegesellschaft ab. Die Freundes- und Bekanntenkreise waren in der Regel bis auf wenige Ausnahmen auf andere Vertriebene beschränkt.

Die Beweggründe und die Entwicklung von Engagement und Aktivitäten vertriebener Frauen werden in drei Bereichen untersucht, in denen auch die Selbstbeschreibung der Frauen und die zeitgenössische Außensicht auf sie rekonstruiert werden:

(1) Im politischen Bereich wird das Wirken vertriebener Frauen in Parteien, Vertriebenenverbänden und in der Kulturpolitik untersucht.

(2) Auf religiös-institutioneller Ebene sollen die weiblichen Aktivitäten in Kirchengemeinden Gegenstand der Betrachtung sein, konnten vertriebene Frauen doch auf die trotz des Krieges noch intakten und nicht vom Koalitionsverbot betroffenen Strukturen der Kirchen zurückgreifen und somit als Erste Hilfsmaßnahmen initiieren.

(3) Der private Bereich betrifft den Großteil der vertriebenen Frauen, die weder politisch noch kirchlich aktiv waren. Sie waren die Adressatinnen der Kulturpolitik und ihnen kam die Unterstützung durch die kirchlichen Hilfsstellen zugute. Im Privaten kümmerten sie sich verstärkt um Familie und Haushalt. Gerade diese Frauen waren für die Erhaltung und Pflege kultureller Traditionen ihrer alten Heimat von großer Bedeutung.


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