Polen und Deutschland im modernen Europa
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Workshop: Aushandlungsprozesse zwischen lokalen, nationalen und europäischen Perspektiven, 8.-10. Juni 2016 in Wrocław/Breslau

Aushandlungsprozesse zwischen lokalen, nationalen und europäischen Perspektiven
Methodenworkshop zum Thema Geschichtspolitik und Migration in Wrocław/Breslau vom 8.-10. Juni 2016

Die Stipendiaten des Promotionskollegs „Polen und Deutschland im modernen Europa” aus München und Wrocław waren gemeinsam mit Prof. Dr. Anke Hilbrenner (LMU München) an das Willy Brandt-Zentrum der Universität Wrocław (WBZ) eingeladen. Nachdem die letzten Methodenworkshops in München und Darmstadt stattgefunden hatten, stand das Seminar vom 8.-10.06.2016 in der aktuellen Kulturhauptstadt Europas ganz im Zeichen des auf vielfachen Migrationserfahrungen beruhenden kulturellen Erbes der Stadt Wrocław. Thematisch konzentrierte sich das bi-nationale und bi-linguale Treffen auf die Geschichtspolitik der Hauptstadt Niederschlesiens und der Republik Polens sowie das Thema der Migration. Aufgrund der terminlichen Überschneidung mit der Vorlesungszeit in Deutschland konnten von beiden Seiten nur je 2 Doktoranden teilnehmen. Den Auftakt bildete ein gemeinsamer Besuch der Ausstellung „Kardinal Kominek. Ein unbekannter Gründervater Europas“ über den Verfasser des Hirtenbriefes der polnischen Bischöfe an ihre deutschen Amtsbrüder aus dem Jahre 1965. Darin wird die Losung „Wir vergeben und bitten um Vergebung“, die zu einem Meilenstein der deutsch-polnischen Versöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg wurde, in ihrer lokalen Verbindung zu Wrocław und der Geschichte der europäischen Einigung gezeigt. In den Räumlichkeiten des WBZ folgte anhand dieses Anschauungsmaterials eine Diskussion über die Geschichtspolitik der Stadt Wrocław im Verhältnis zur Geschichtspolitik der Warschauer Regierung. Das Referat von Mateusz Matuszyk zeigte dabei die Genese des Konzepts „Geschichtspolitik“ (polityka historyczna) im polnischen politischen Diskurs auf und konnte deutlich machen, wie sehr diese das Resultat eines Aushandlungsprozesses ist, der neben politischen und geschichtswissenschaftlichen Überlegungen immer auch auf ökonomische Anreize reagiert.

Der zweite Tag war dem Thema „Migration“ gewidmet, indem der Workshop an eine durch das WBZ und das Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa gemeinsam organisierte Konferenz zum Thema „Zwyczajna migracja – Normalfall Migration?“, angekoppelt worden war. In drei Panels beschäftigte sich die Konferenz mit den Themen des „Migrierens“, des „Ankommens“ und der „Aufnahme“. Eine öffentliche Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Wissenschaft, Politik, Literatur und Klerus am Abend in der Universität Wrocław zeigte schließlich ein für die Workshop-Teilnehmenden zum Teil befremdliches Bild des aktuellen polnischen Diskurses zu dem Phänomen.

Im Laufe des dritten Tages beschäftigte sich der Workshop mit der Zukunft des Kollegs und kehrte wieder zu Fragen der Geschichtspolitik zurück: Aus Sicht der Münchner Teilnehmenden schärften die Besichtigung der Jahrhunderthalle und die von Jakub Sawicki moderierte Diskussion über das Museum des 2. Weltkriegs in Danzig die Sensibilität und das Verständnis für die aktuelle Politisierung historischer Narrationen, die insbesondere an die jugendliche Generation der Polinnen und Polen adressiert sind und vor diesem Hintergrund betrachtet werden müssen. Das Setting der Kulturhauptstadt Wrocław war für diesen Workshop und seinen methodischen Zuschnitt auf die Kombination konzeptueller Diskussionen mit „Feldarbeit“ in Museen und Architekturkomplexen besonders stimulierend. Dank der guten Organisation und Gastfreundschaft der polnischen Teilnehmer Mateusz Matuszyk und Jerzy Sporek kam neben den inhaltlichen Dimensionen auch das gesellige Beisammensein nicht zu kurz.

 

Bericht von Lukas Becht


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