Polen und Deutschland im modernen Europa
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Die Verwaltung des „Fremden“ – Verwaltungspraxis und Verwaltungsdiskurs zu den neuen Westgebieten in den ersten Jahren der Volksrepublik Polen.

Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges verschob sich der polnische Staat westwärts. Neben den mannigfaltigen Folgen von Krieg und Besatzungsherrschaft, sah sich der polnische Staat vor die Aufgabe gestellt, sich dieses neue, völkerrechtlich nicht allseitig anerkannte Territorium zu erschließen und in sein Staatssystem zu integrieren. Dieser Prozess der territorialen und kulturellen Aneignung musste Bürgern vermittelt werden, die vollkommen neu in diesen Gebieten waren und die bisher kein gemeinsames regionales Band einte. Diese Aufgabe übernahm im Alltag die Verwaltung.

Das Dissertationsvorhaben geht von der Annahme aus, dass Verwaltung die performative Struktur von Staatlichkeit ist, und die Funktion erfüllt, staatliche Politiken für die Menschen vor Ort erfahrbar und damit zu einer gegebenen Realität zu machen. Die Verwaltung greift durch ihr Handeln in das Leben der Menschen ein und ist durch ihr Personal gleichzeitig ein Teil derjenigen sozialen Umwelt, die sie im Namen des Staates gestalten soll. Das Dissertationsvorhaben möchte daran anschließend der Frage nachgehen, welchen Stellenwert regionale Verwaltung jenseits des politischen Zentrums hat und über welche Handlungsspielräume sie verfügt. Fragen nach Konformität, Abweichung oder Resistenz gegenüber Handlungsvorgaben und ideologischen Angeboten des politischen Zentrums spielen in der Arbeit ebenso eine Rolle wie eine Vermessung der mentalen Landschaft von Verwaltungsträgern im kommunistischen Polen.

Das Forschungsprojekt möchte mit einem zweistufigen Verfahren die Kultur der Verwaltung genauer in den Blick nehmen. In einem ersten Schritt wird das Verwaltungspersonal kollektiv-biographisch untersucht. In einem zweiten Schritt werden mit einem praxeologischen  Ansatz die Verwaltungspraktiken untersucht. Durch eine Rekonstruktion der Akteurs- als auch der Strukturebene soll ein umfassendes Bild von der Lebenswelt der Verwaltung in einem kommunistischen System entworfen werden. Dabei trägt dieses Vorhaben ausdrücklich der sozialen Konstitution von Verwaltungstätigkeit und Eigenmächtigkeit von handelnden Akteuren Rechnung.


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