Polen und Deutschland im modernen Europa
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Dissertationsprojekt

Von „planerischer Gestaltung“ zu „strategischer Anpassung“. Zukunfts- und Moderni-tätsdiskurse in der polnischen Zukunftsforschung im Kontext der Transformation [Arbeitstitel]

Die Dissertation beschäftigt sich mit dem Problem der Erforsch- und Gestaltbarkeit der Zukunft im Verhältnis zu strukturellen gesellschaftlichen Veränderungen. Dies wird am Phänomen der Diskussionen und Praktiken der „wissenschaftlichen Zukunftsforschung“ in Polen und ihrer Rolle im Kontext der politischen Umbrüche des Jahres 1989 und dem damit verbundenen Übergang „vom Plan zum Markt“ untersucht. In der Forschung wurde dieser Übergang zumeist mit einem Mangel oder einem endgültigen Verschwinden langfristiger Zukunftsentwürfe und utopischer Semantiken aus politischen Diskursen verbunden. Als Fallbeispiel dient der seit 1969 bestehende Ausschuss für prognostische Forschung „Polen 2000“ (Komitet Badań i Prognoz „Polska 2000“, seit 1999: „Polska 2000 Plus“) an der Polnischen Akademie der Wissenschaften sowie die von dort ausgehende Diffusion „prognostischen“ Wissens in die zentrale staatliche Planungsbehörde, die bis ins Jahr 1996 formell existierte. Anhand einer Analyse der institutionellen und personellen Rahmenbedingungen, der Praktiken und diskursiven Kategorien prognostischer Wissensproduktion wird empirisch die Frage untersucht, welcher Transformation der Gedanke der wissenschaftlichen Erforsch- und Gestaltbarkeit der Zukunft im Zuge der gesellschaftlichen und politischen Veränderungen seit der politischen und wirtschaftlichen Krise 1980/81 bis zum Einholen des für die vorherige prognostische Forschung symbolischen Horizonts des Jahres 2000 in Polen unterlag.

Dazu wird mit diskursanalytischen Methoden ein Quellenkorpus bearbeitet, das sich sowohl aus der archivierten Dokumentation des erwähnten Komitet Badań i Prognoz „Polska 2000“ beim Präsidium der Polnischen Akademie der Wissenschaften, den Akten der Abteilung I für Sozialwissenschaften an der Polnischen Akademie der Wissenschaften und den staatlichen Planungsbehörden – der Komisja Planowania przy Radzie Ministrów (1957 -1988), dem Cent-ralny Urząd Planowania (1988-1996) und dem Rządowe Centrum Studiów Strategicznych (1997-2006) – als auch den Publikationen zusammensetzt, die sich programmatisch mit der Konzeptualisierung von Zukunftsforschung sowie ihrer Methoden beschäftigen. Ergänzt wird das Quellenkorpus durch Artikel aus Periodika und Tagespresse.

Die Forschung wird von der Hypothese geleitet, dass der Anspruch auf eine wissenschaftliche Erforschung und rationale politische Gestaltung der Zukunft mit dem Zusammenbruch des Staatssozialismus keineswegs verschwunden oder für überholt erklärt worden ist, sondern vielmehr bereits seit Anfang der 1980er Jahre seine Gestalt – und im Zuge dessen die Vorstellung von Zukunft – signifikant verändert hat. Dieser Gestaltwandel lässt sich auf das Begriffspaar „planerische Gestaltung vs. strategische Anpassung“ und die Prozessformel einer „reflexiven Modernisierung“ bringen – wobei hiermit nur das Ziel der Untersuchung angedeutet werden soll: Es geht um die polnischen Umbrüche von 1989 in ihrem Zusammenhang mit transnationalen Veränderungen, die von der zeithistorischen Forschung als Strukturwandel „nach dem Boom“ und als Wandel moderner Zeitstrukturen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts diskutiert werden.

 

Betreuung: Prof. Dr. Martin Schulze Wessel


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