Polen und Deutschland im modernen Europa
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Forschungsfelder

1. Europa als Bedingung und Vision in den polnisch-deutschen Beziehungen

Die Beziehungen Deutschlands und Polens stehen historisch und gegenwärtig in einem europäischen Kontext. Dieser ist nicht nur als „realer“ historischer und politischer Kontext zu beachten, sondern auch diskursiv zu untersuchen: Die nationale und gesellschaftliche Selbstverständigung in Polen und Deutschland war seit der Frühneuzeit eng mit literarischen und politischen Europavorstellungen verbunden. Zu fragen ist nach den integrierenden und antagonistischen Bewegungen und Kräften, die der Europadiskurs in Deutschland und Polen entwickelt hat. Die geplanten Forschungen zielen auf die Rekonstruktion von Europavorstellungen mit ihren konkreten Wirkungen auf bilaterale (und u.U. multilaterale) Transferprozesse, die sich in den Beziehungen zwischen Polen und Deutschland (und ggf. anderen europäischen Ländern) ergeben. Die Forschungen sollen auf die Untersuchung historischer oder gegenwärtiger Akteure zielen, die nicht notwendig eine „europäische“ Agenda verfolgen oder sich auch nur ihrer Einbindung in europäische Zusammenhänge bewusst sind.

2. Politische und kulturelle Loyalitäten in Polen und Deutschland

In diesem Forschungsfeld sollen in interdisziplinärer Perspektive politische und kulturelle Ordnungen, Vergemeinschaftungen und Beziehungen unter dem Gesichtspunkt von „Loyalitäten“ untersucht werden. Loyalitätsbeziehungen können als eine strukturelle soziale Bedingung von Herrschaft gelten; sie spielen für die historische Untersuchung von Gemeinschaften in polyethnischen und multikonfessionellen Gesellschaften eine wichtige Rolle. Die Perspektivenvielfalt des Loyalitätsbegriffs erlaubt verschiedene disziplinäre Zugänge, erfordert aber auch ein stetes Gespräch über die Fächergrenzen hinweg. Wie kaum ein anderes Konzept ermöglicht die Frage nach Loyalitäten, die Stabilität und den Wandel politischer Ordnungen in einer analytischen Gesamtschau zu erfassen.

3. Migrationen und der Transfer von Wissen

Für historische, politikwissenschaftliche und literatur- und sprachwissenschaftliche Studien gewinnt das Thema „Migration“ eine zunehmende Bedeutung. Insbesondere für die Beziehungen zwischen Polen und Deutschland hat es eine große Bedeutung: Beide teilen historisch die Erfahrung von Auswanderung im 19. Jahrhundert. Heute sind Polen und Deutschland (mit unterschiedlichen Gewichtungen) Einwanderungs- und Auswanderungsländer. Die Betrachtung von Migration und Integration wird in Öffentlichkeit und Forschung vorwiegend von zwei zentralen Perspektiven beherrscht, die sich als "Defizit-" und als "Differenzansatz" beschreiben lassen. Der Defizitansatz thematisiert Migranten vor allem als defizitäre Wesen, während der Differenzansatz die kulturelle Unterschiedlichkeit hervorhebt. Beide Ansätze sind gerade im Bezug auf die deutsche Rezeption von polnischen Immigranten sehr wirkungsmächtig gewesen. In dem geplanten Forschungsfeld sollte dies kritisch reflektiert werden und Migration neu interpretiert werden: Zu fragen ist nach den "Ressourcen" (z.B. soziales Kapital, kulturelles Kapital etc.), welche Migranten mitbringen. Es geht um die Frage nach dem Wissen von Migranten und nach den Mechanismen des Transfers von Migrantenwissen und die Schöpfung neuen Wissens in der Aufnahmegesellschaft. Dabei soll es um die Bildungs- und Arbeitsmigrationen seit dem 19. Jahrhundert bis heute gehen, aber auch um das Thema der Zwangsmigrationen. Diese unter dem Aspekt des Wissens- und Erfahrungstransfers zu befragen, trägt auch dazu bei, die Opferzentrierung zu überwinden, die viele Darstellungen dieser Prozesse nach wie vor kennzeichnet.

4. Sozialökonomische Asymmetrien und kulturelle Wahrnehmungsmuster im Wandel – Deutschland und Polen im europäischen Vergleich

Dieses Forschungsfeld soll untersuchen, wie sich die historischen und sozialökonomischen, politischen und kulturellen Asymmetrien zwischen Polen und Deutschland im Kontext des europäischen Integrations- und Erweiterungsprozesses in der Zeitperiode zwischen 1990 und 2010 verändert haben. Dabei sollen sowohl die deutschen Wahrnehmungsmuster wie die polnischen im Wechselverhältnis untersucht und mit anderen europäischen Konstellationen kontrastiert werden.